Barbara Gisi, Direktorin des Schweizer Tourismus-Verbandes (STV), über kreative Antworten der Regionen und Hotels auf die Frankenstärke.
Frage: Wie reagiert die Schweizer Tourismus-Industrie auf die Frankenstärke?
Barbara Gisi: Eine unserer Antworten sind Kooperationen zwischen Hotels oder Regionen. Dadurch werden Kräfte im Marketing, Einkauf oder Investitionen gebündelt. Das hilft Kosten zu sparen und wettbewerbsfähiger zu werden. Die Skigebiete sind gegenüber den Städten besonders von der Frankenstärke betroffen, weil sie im ländlichen Raum liegen. Daher haben sich etwa die Ferienorte der Region Grächen im Wallis unter dem Gütesiegel „Familien willkommen“ vereint und garantiert den Gästen ein familienfreundliches Angebot und die Einhaltung von Qualitätskriterien. Es gibt Pakete, die Hallenbad, Skipiste und Nachtessen zusammen anbieten. Eine andere Maßnahme ist, dass der Eurokurs bei 1,20 Franken stabil gehalten wird. In einigen Regionen können Gäste sogar mit Euro zahlen.
Frage: Spornt der teure Franken den Schweizer Tourismus auch an, neue Wege zu gehen?
Barbara Gisi: Unbedingt. Die Kreativität und neue Ideen sind besonders wichtig. Aber letztlich müssen sich die Angebote rechnen. Im Schweizer Tourismus sind die Margen wegen der relativ hohen Lohn- und sonstigen Vorleistungskosten sehr gering. Uns ist aber klar, dass die Schweiz ein teurer Standort ist und wir preislich nicht etwa mit Deutschland konkurrieren können. Wir versuchen den Nachteil durch Qualität auszugleichen. Qualität ist ein wettbewerbsentscheidender Faktor im Tourismus. In Graubünden haben sich etwa 90 Unternehmen und Hotels zu einem Energieprojekt zusammengeschlossen. Sie kaufen Sonnenenergie ein, reduzieren ihren Verbrauch massiv und werden so von der CO2-Abgabe befreit. Die Regionen spezialisieren sich. Sie schärfen ihre Profile, konzentrieren sich auf Familien (“Familiy Destination“) oder Wellness. Gstaad bietet etwa ein „3-Generationen-Package“ an – Eltern zahlen 100 Prozent, Großeltern 50 Prozent des Preises und Kinder bis 16 Jahre logieren umsonst. Das Package ist in allen teilnehmenden Hotels buchbar. Lenzerheide hat sehr gute Bikerpisten und lockt nun diese junge Klientel Biker. Die Gäste übernachten in speziellen Bikehotels.
Frage: Wie reagieren die Kunden aus dem In- und Ausland?
Barbara Gisi: Die Gäste aus dem Euroraum sind jetzt natürlich sehr preissensibel und überlegen sich genau, ob sie noch in der Schweiz Urlaub machen. Gäste aus dem mittleren Einkommenssegment finden es leider recht teuer bei uns und kommen mit ihren Kindern nicht mehr so häufig. Mit dieser Tatsache müssen wir leben. Deshalb versuchen wir in weniger preissensiblen Märkten Europas unsere Werbung zu verstärken – etwa in den nordischen Ländern und den baltischen Staaten. Auch auf asiatischen Märkten wollen wir neue Kunden gewinnen und so einen gewissen Ausgleich erzielen. Sehr wichtig sind uns natürlich die Schweizer Touristen, die rund 45 Prozent aller Übernachtungen buchen. Für sie ist die Schweiz auch nach dem Entscheid der Notenbank nicht teurer geworden. Im Rahmen einer Schweiz-Offensive werden für sie im Sinne von „Das Gute liegt so nah“ attraktive Angebote konzipiert.
Hier finden Sie einen Artikel zum Thema Tourismus.
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Das Interview führte Andreas Nölting